Schiffsbrüchige zuverlässig aufspüren - mit einem neuartigen Radarsystem
Der Wind tost, die Wellen türmen sich zu hohen Bergen. Geht bei einem solchen Sturm jemand über Bord, verliert die Crew ihn schnell aus den Augen. Auch das konventionelle Navigationsradar hilft wenig. Ein neuartiges Radarsystem kann Ertrinkende dagegen zuverlässig orten und so künftig bei ihrer Rettung helfen. Ein erster Praxistest war äußerst vielversprechend, doch bis zum routinemäßigen Einsatz ist noch viel Forschungsarbeit nötig.
Geht ein Mensch auf hoher See über Bord, kann die Besatzung ihn zwischen den hohen Wellenbergen schwer wiederfinden. Auch das Schiffsradar bietet nur mäßige Hilfe: Denn die Wellen reflektieren die ausgesendeten Radarsignale auf ähnliche Weise wie eine Person dies tun würde – Wellen und Menschen liefern also nahezu das gleiche Echo.
Schiffbrüchige bis zu sechs Kilometer weit aufspüren
Nicht so jedoch beim neuartigen System SEERAD: Mit ihm lassen sich Personen oder kleine Rettungsboote selbst in großer Entfernung aufspüren. Entwickelt wurde es vom Institut für Mikrowellen und Plasmatechnik der FH Aachen, dem Fraunhofer FHR und der Firma Raytheon Anschütz GmbH. Dazu nutzt SEERAD folgenden Trick: Üblicherweise werden die Radarsignale am Wasser bzw. der Person so reflektiert, dass die Frequenz des Signals gleich bleibt. Befestigt man jedoch einen Transponder an der Schwimmweste, der das Signal mit geänderter Frequenz wieder zurückschickt, lassen sich die Echos von Wellen und Person unterscheiden. Auf dem Schiff sind dazu zwei Antennen nötig: Eine für das übliche Radar und eine zweite für das Echo des Transponders. Gelangt ein Transpondersignal zum Schiff, weiß die Rettungscrew: Hier ist jemand in Not. Sämtliche Antennen wurden am Fraunhofer FHR entwickelt – die beiden Antennen auf dem Schiff sind zusammen nicht größer als eine herkömmliche Schiffsradarantenne, die im Transponder sind zudem seetauglich und halten den starken Belastungen durch die Wellen stand.
Ein Testlauf auf der Ostsee zeigte: Das System ist vielversprechend. Hatte der Dummy, der »über Bord« ging, einen passiven Transponder – ohne Batterie – an seiner Schwimmweste, konnte er bis zu 600 Meter weit geortet werden. Mit einem aktiven, batteriebetriebenen Transponder konnte der »Ertrinkende« sogar auf einer Distanz von sechs Kilometern mit einer Sendeleistung von nur 100 Watt aufgespürt werden. Zum Vergleich: Bisher überblickten harmonische Radarsysteme rund einen Kilometer, wozu allerdings eine Sendeleistung von 1000 Watt nötig war.
Noch viel Forschungsarbeit nötig
Bis zu einem routinemäßigen Einsatz in der Seenotrettung ist jedoch noch viel Forschungsarbeit vonnöten: Es gilt, das System in die Schiffsnavigationssysteme zu integrieren, Störungen zu minimieren und sicherzustellen, dass das System auch dauerhaft unter rauen Seebedingungen funktioniert.