Radar zur Weltraumlageerfassung (RWL)

Weltraumforschung aus einer Hand: Der Geschäftsbereich »Radar zur Weltraumlageerfassung« vereint Forschung und Spitzentechnologien zur Aufklärung und Überwachung – und sorgt somit im Dienst der Gesellschaft für mehr Sicherheit im All.

© Fraunhofer FHR / Andreas Schoeps
Mit unseren Radarsensoren TIRA (Tracking and Imaging Radar) und GESTRA (German Experimental Space Surveillance and Tracking Radar) helfen wir dabei, die Weltrauminfrastruktur zu sichern.

Unser Alltag ist ohne Satelliten kaum denkbar: Kommunikationssatelliten ermöglichen Telefonate, Fernsehen und Internetverbindungen, Navigationssatelliten helfen dabei, Standorte zu ermitteln und Wettersatelliten liefern die Daten für präzise Vorhersagen. Mit seinem neu gestalteten Geschäftsbereich »Radar zur Weltraumlageerfassung« leistet das Fraunhofer FHR einen wertvollen Beitrag dazu, diese Infrastruktur im Weltraum zu schützen. 

TIRA und GESTRA beobachten Objekte im erdnahen Orbit

Die Kernaufgabe liegt in der Erforschung und Weiterentwicklung von Verfahren und Technologien zur Detektion, Vermessung und Analyse von künstlichen Weltraumobjekten mit Radar. Derzeit übernehmen hier komplementär die europaweit einmaligen Radarsysteme TIRA und GESTRA eine wichtige Aufgabe – sie halten vor allem den niedrigen Erdorbit sowie den geostationären Orbit im Blick. Im Projekt WRIS, kurz für »Weltraumidentifizierungssensor«, beispielsweise unterstützt die Großradaranlage TIRA das deutsche Weltraumlagezentrum bei der Erfassung und Bewertung der Weltraumlage. Auf Basis der am Fraunhofer FHR erforschten und stetig weiterentwickelten Verfahren können dabei Leistungsmodule abgerufen werden, um beispielsweise Objekte im Detail zu untersuchen, ganze Missionen zu unterstützen und weitergehende Informationen bereitzustellen. WRIS startete im Jahr 2017 und ist noch für viele weitere Jahre angedacht. Zukünftig wird auch GESTRA das deutsche Weltraumlagezentrum in Uedem insbesondere mit Daten zur Weltraumüberwachung und zum Aufbau eines entsprechenden Objektkataloges unterstützen.   

Großprojekte des Geschäftsbereichs liegen vor allem in der Weiterentwicklung von TIRA und der Finalisierung des GESTRA-Systems. In TIRA-HD steht der Aufbau eines neuen breitbandigen, bildgebenden Radarsystems auf dem Programm, um die Weltraumaufklärung für zukünftige Herausforderungen zu wappnen. Denn während TIRA zurzeit für die bildgebende Aufklärung das Ku-Band nutzt, setzt TIRA-HD auf das Ka-Band – also bei etwa doppelt so hoher Frequenz und entsprechend erhöhter Bandbreite. Auf diese Weise steigt die Auflösung: Kleinere Objekte und Details sind besser erkennbar. Im Projekt »TIRA-Digital« wird das hochempfindliche Zielverfolgungsradar im L-Band von den Forschenden zu einem flexiblen Instrument nach dem Prinzip des Software-defined-Radar weiterentwickelt, um den zukünftigen Forschungsfragen zur Weltraumbeobachtung Rechnung zu tragen. Dazu gehören echtzeitliche Signalverarbeitungsverfahren.

Die Projekt-Familie GESTRA-Vernetzung, GESTRA-EUSST und GESTRA-TX2 stellt die konsequente Weiterentwicklung des GESTRA-Systems dar und widmet sich unter anderem dem Aufbau einer weiteren Empfangs- als auch Sendeeinheit. Nach der finalen Übergabe des GESTRA-Systems an den Auftraggeber, sollen hier in den nächsten Jahren in Kombination und innerhalb einer vernetzten Systemarchitektur die Fähigkeiten des GESTRA-Systems noch einmal deutlich gesteigert werden.

Der Blick ins All soll sich weiten: auf Entfernungen von etwa 40.000 Kilometer und mehr

Bisheriger Schwerpunkt der Arbeiten zur Weltraumlageerfassung lag auf dem Low Earth Orbit (LEO), also Objekten auf Bahnen mit Entfernungen von bis zu etwa 2000 Kilometern. Künftig soll auch der Raum bis zu den geosynchronen/geostationären Orbits (ca. 40.000 km) und darüber hinaus der cislunare Raum (Mondentfernungen) stärker in den Fokus rücken, ebenso wie die noch weiter entfernten Asteroiden. Letztere können der Erde sehr nah kommen und eine mögliche Kollisionsgefahr darstellen. Aufgrund der großen Entfernungen kommen für die genannten Bahnbereiche bisher vor allem optische Teleskope zum Einsatz. Der Geschäftsbereich RWL des Fraunhofer FHR wird künftig entsprechende Radarverfahren und -technologien für diese Aufgaben entwickeln und einsetzen. 

Weltraumgestützte Radarsysteme

Perspektivisch werden zudem Konzepte für raumgestützte Systeme, man spricht von »space-based radar«, das Portfolio erweitern: Radarsysteme, die auf Satelliten montiert, den Weltraum überwachen oder aufklären und untereinander und/oder mit bodengebundenen Systemen vernetzt ihre Daten zur Erde schicken.

Der Geschäftsbereich RWL plant hier federführend, gemeinsam mit den beiden anderen Geschäftsbereichen MFR und IHS, entsprechende Radarsensorik zu erforschen, zu entwickeln und gegebenenfalls auch auf Demonstratorlevel aufzubauen.

Kompetenzen des Geschäftsbereichs RWL 

Zum Technologieportfolio des Geschäftsbereichs RWL gehören Hochleistungsradargeräte und die Großantennentechnik ebenso wie die Phased-Array Technologie und Bi-/Multistatische Systeme. Zukünftig werden Arbeiten zu weltraumgestützten Radarsystemen das Portfolio abrunden. Was die Theorie, Algorithmik und Verfahren zur Weltraumlageerfassung angeht: Der Geschäftsbereich erforscht unter anderem Methoden zur Detektion, Aufgriff, Bahnverfolgung, Bahnbestimmung und Katalogisierung von erdnahen Weltraumobjekten. Über die ISAR-Bildgebung lassen sich auch Abbildungen der Objekte erstellen, in ein, zwei oder drei Dimensionen. In den kommenden Jahren sollen zudem Themen wie Sensor- und Datenfusion weiter untersucht werden. Die operationellen Fähigkeiten und Aufgaben umfassen sowohl den Betrieb und die Wartung als auch die betriebsbegleitende Weiterentwicklung der Radarsysteme GESTRA und TIRA. Schließlich überführt der Geschäftsbereich im Sinne des Fraunhofer-Prinzips die entwickelten Verfahren innerhalb quasioperationeller Messkampagnen und Auftragsarbeiten in die direkte Anwendung.

Projekte aus dem Bereich RWL