Weltraumschrott im Fokus: Hochgenaue Bahnbestimmung mit TIRA
Droht ein Stück Weltraumschrott in einen Satelliten zu krachen? Diese Frage ist für Satellitenbetreiber elementar. Je genauer sie die Flugbahnen solcher Schrottteile kennen, desto weniger Ausweichmanöver des Satelliten sind nötig – und desto länger lässt er sich einsetzen. Das Weltraumbeobachtungsradar TIRA kann die Bahnen solcher Objekte hochgenau vermessen.
Internet, Kommunikation, Navigationssysteme – ein Großteil unserer Informationsinfrastruktur hängt von Satelliten ab. Diese sind im Weltraum jedoch permanenter Gefahr ausgesetzt: Würde etwa eine ein Zentimeter große Schraube in einen Satelliten krachen, hätte dies die Zerstörungswirkung einer Handgranate. Dies liegt an der hohen Relativgeschwindigkeit zwischen Weltraumobjekten: Bis zu 15 km/s bei Objekten in niedrigen Erdumlaufbahnen.
Im erdnahen Weltraum befinden sich ca. 750.000 Objekte, die eine potenzielle Gefahr für aktive Satelliten darstellen. Weniger als 30.000 dieser Objekte werden vom Space Surveillance Network (SSN) der USA kontinuierlich überwacht und deren Bahnen fortlaufend aktualisiert. Droht eine Kollision, beauftragen in der Regel Satellitenbetreiber zusätzliche Beobachtungen. Bei einer hohen Kollisionswahrscheinlichkeit werden Ausweichmanöver durchgeführt. Allerdings verbraucht dies viel Treibstoff – muss der Satellit oft ausweichen, verkürzt das seine Lebensdauer und ist daher mit hohen Kosten verbunden.
Hochgenaue Bahnvermessung von Weltraumobjekten
Das Weltraumbeobachtungsradar TIRA des Fraunhofer FHR kombiniert ein Zielverfolgungsradar und ein Abbildungsradar mit einer hochagilen 34 Meter großen Parabolantenne. Üblicherweise wird ausschließlich das Zielverfolgungsradar für die Bahnbestimmung von Weltraumobjekten verwendet. Im EU-Projekt EUSST wurde nun eine neue Methode entwickelt, um die Bahnen solcher Objekte noch genauer vermessen zu können. Dies konnte erreicht werden, indem die Daten der beiden Radare von TIRA durch den Einsatz hochkomplexer mathematischer Methoden fusioniert wurden. Der Proof-of-Concept konnte über eine gemeinsame Messkampagne mit dem Weltraumlagezentrum bereits erbracht werden, wofür Referenzsatelliten beobachtet wurden. Die so mit TIRA gewonnenen Daten wurden mit hochgenauen Ephemeriden verglichen. Dabei konnte die Vermessung der Entfernung um etwa den Faktor 100 verbessert werden.
Bis zum Ende des Projekts, also bis Ende 2021, gilt es, die mathematischen Methoden noch zu verfeinern. Auch ein verbessertes Atmosphärenmodell ist notwendig, um die Effekte der Wellenausbreitung genauer zu kompensieren. Nach Ablauf der Projektzeit wird TIRA über einen neuen Experimentalmodus verfügen, der dann für spezielle Auftragsmessungen verwendet werden kann.