Weltraum

Weltraumschrott mit höherer Sendeleistung besser erkennen

Damit umherschwirrender Weltraumschrott die aktiven Satelliten nicht gefährdet, wird er beobachtet und katalogisiert. Unter anderem vom Weltraumüberwachungsradar GESTRA, das vom Fraunhofer FHR entwickelt wurde. Eine weitere Sendeeinheit soll die Detektionsleistung des GESTRA-Verbunds nun nochmal erhöhen: Auf diese Weise lassen sich auch kleinere Schrottteilchen entdecken.

© Fraunhofer FHR/Andreas Schoeps
Radarnetzwerk zur Weltraumüberwachung: Der neue GESTRA TX2 Sender (Vordergrund) im Verbund mit GESTRA EUSST Empfänger und GESTRA-System.

Denkt man an den Weltraum, so dürften die meisten Menschen einen leeren, unendlich weiten Raum vor dem inneren Auge haben. Was den erdnahen Orbit angeht, ist es mit der Leere jedoch nicht allzu weit her: Mittlerweile schwirren über eine Million inaktive Objekte durch den erdnahen Weltraum – Weltraumschrott also, der nicht mehr gesteuert werden kann. Aktive Satelliten, die dort ihre Kreise ziehen, müssen daher schon fast einen Hindernisparcours absolvieren.  


Das Weltraumüberwachungsradar GESTRA hilft dabei, die verschiedenen Objekte in einem großen Raumausschnitt aufzuspüren und zu katalogisieren – und die Satelliten gegebenenfalls ein Ausweichmanöver fliegen zu lassen. Genauer gesagt handelt es sich dabei um ein quasi-monostatisches System, ein Phased Array-Radar mit hoher Reichweite und Strahlagilität, das aus separatem Sende- und Empfangssystem besteht. Im Jahr 2020 wurde mit dem Projekt GESTRA EUSST ein weiterer Empfänger beim Fraunhofer FHR beauftragt. Und seit dem 1. Dezember 2021 arbeiten die Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer FHR im Projekt GESTRA Tx2 am Aufbau einer zusätzlichen GESTRA-kompatiblen Sendeeinheit. Diese soll eine andere Transistortechnologie haben und doppelt so leistungsfähig sein wie der derzeitige Sender. Schaltet man GESTRA mit dem neuen System zusammen, steigt die Sendeleistung auf das Dreifache. Auf diese Weise erhöht sich nicht nur die Reichweite – indem man weiter in den Orbit hineinschauen kann – sondern vor allem lassen sich deutlich kleinere umherschwirrende Teile entdecken. Das zusammengeschaltete System könnte dann auch Schrottteile beobachten, die nur ein Drittel so groß sind wie die, die GESTRA allein erkennen kann. Eine Besonderheit: An der Entwicklung sind alle Abteilungen des Fraunhofer FHR beteiligt – sieben an der Zahl plus Forschungsgruppen. Zusätzliche Unterstützung leisten die Institute IWU und IPM bei der Entwicklung einer innovativen Kühlungstechnologie der Planks.


Erstellung eines Antennenkonzepts


Das erste Ziel des Projekts liegt darin, ein Konzept für die Sendeantenne zu erstellen. Dieses Konzept umfasst zwei Platinen-Prototypen. Der erste besteht in dem Sendemodul, das über eine gesteigerte Leistung verfügen soll: Realisiert werden soll diese über eine mehrstufige Verstärkerkette mit parallel geschalteten Hochleistungsverstärkern. Das Modul wird in Gänze neu entwickelt, samt aller benötigter Monitoring-Funktionen – also quasi der Vitalparameter des Systems. Auch gilt es, die GESTRA-Antenne zu optimieren: Lässt sich das GESTRA Konzept mit der doppelten Sendeleistung fahren? Ist dafür eine Neuentwicklung des Antennenelements und eventuell auch der Gruppenantenne nötig? Diese Fragen gilt es in der ersten Projektphase zu beantworten.
Der zweite Prototyp ist die Platine, die das Sendesignal dezentral erzeugt. Die Forscherinnen und Forscher designen das gesamte Konzept der Signalerzeugung neu. Während im GESTRA-System an einer Stelle ein Signal erzeugt und dieses an alle Antennen-Elemente verteilt wird, soll bei dem Tx2-System für jedes Sende-Modul ein individuelles Signal erzeugt werden. Wie lassen sich diese dezentralen Signale synchron halten? Dieser Ansatz ist Neuland – er wurde erst in wenigen Projekten überhaupt durchgeführt. Erste Ideen dazu sind bereits vorhanden.  


Vernetzter Betrieb


Elementar ist: Empfänger und Sender müssen vernetzt betrieben werden können – schließlich geht es ja darum, die Systeme GESTRA, GESTRA EUSST und GESTRA Tx2 zu einem Verbund zusammenzuschalten. Dabei müssen die Systeme nicht notwendigerweise räumlich nebeneinanderstehen, sondern können sich einige hundert Kilometer entfernt voneinander befinden. Das zweite Ziel der ersten Projektphase liegt daher in einer Machbarkeitsanalyse für den vernetzten Betrieb mit mehreren Sendesystemen.  


Das Projekt hat zunächst eine Laufzeit von zwei Jahren: An seinem Ende soll ein Proof-of-Concept stehen. Sprich der Nachweis, dass der Ansatz generell funktioniert. Anhand dieses Konzepts hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR die Option, die Design- und die Bauphase für die Antenne zu beauftragen.