Verkehr

GOPOSim: EM-Simulation dynamischer Verkehrsszenarien

Radarrückstreuquerschnitt Golf III.
© Fraunhofer FHR
Radarrückstreuquerschnitt Golf III.
ISAR Bild Golf III.
© Fraunhofer FHR
ISAR Bild Golf III.
HRR- Profile Golf III.
© Fraunhofer FHR
HRR- Profile Golf III.

Mit dem Simulationstool GOPOSim wird am Fraunhofer FHR eine Softwarelösung zur schnellen elek­tromagnetischen Simulation von zeitdynamischen Prozessen entwickelt. So kann beispielsweise die Funktion eines Automobil-Radarsensors außerhalb von zeitaufwendigen Testfahrten mit synthetisierten Radardaten getestet werden.

Automobil-Radarsensoren sind ein wesentlicher Bestandteil in zahlreichen bereits heute eingesetzten Fahrerassistenzsystemen und spielen neben Lidarsensoren und Kamerasystemen eine zentrale Rolle für die Entwicklung des autonomen Fahrens. Die verwendeten Radarsensoren müssen das Umfeld detektieren und auflösen können. Die zuverlässige Funktion solcher Radarsensorik kann mit Hilfe von Hardware-in-the-Loop bzw. Software-in-the-Loop Tests auf Basis von simulierten Daten untersucht werden. 

Um die Eigenschaften der von Verkehrsteilnehmern erzeugten Radarsignaturen zu bestimmen, müssen Verkehrsszenarien elektromagnetisch modelliert und analysiert werden. Die Software GOPOSim, bei der ein deterministisch analytischer Ray-Tracing-Ansatz verwendet wird, ermöglicht es zeitdynamische Verkehrsszenarien elektrodynamisch zu simulieren. Um eine effiziente Modellierung und kurze Simulationslaufzeiten zu erreichen, werden während der Laufzeit CAD-Modelle der Verkehrsteilnehmer, die in der entsprechenden Verkehrsszene positioniert sind, geladen und in ein geeignetes Streuzentrenmodell überführt. Auf diese Weise berechnet GOPOSim zeitdiskret die Radarsignaturen der Verkehrsszenarien unter Berücksichtigung der physikalischen Eigenschaften. Der zeitabhängige Verlauf der zu simulierenden Szene wird mit einer entsprechenden Trajektorie der jeweiligen Simulationsobjekte beschrieben. Um einen stetigen Verlauf des Ortes der Simulationsobjekte zu gewährleisten, wird die Trajektorie im dreidimensionalen Bezugssystem mit einer Startposition, einer vektoriellen Startgeschwindigkeit sowie beliebig vielen überlagerten vektoriellen Beschleunigungen, die für jeweils ein festgelegtes zeitliches Intervall gültig sind, definiert. Bei einem bewegten Fahrzeug wird die Trajektorie der Räder separiert beschrieben. Sie setzt sich aus der Überlagerung der Trajektorie des dazugehörigen Fahrzeugs und einer entsprechenden rotierenden Trajektorie zusammen. Auf diese Weise können bei der späteren Prozessierung der Daten Mikrodopplereffekte der Räder ausgewertet werden. Mit Hilfe der Mikrodopplersignatur kann bei der späteren Signalverarbeitung der Daten eine Klassifizierung erfolgen.

Simulationsansatz

Die Simulation der zeitdynamischen Prozesse basiert auf einem Ray-Tracing-Algorithmus sowie auf Physikalischer Optik (PO). Die Berechnung der Strahlwege erfolgt über die Geometrische Optik (GO) oder Strahlenoptik. So werden zu jedem diskretisierten Zeitschritt die realisierbaren Strahlwege nach einem deterministischen analytischen Ray-Tracing-Ansatz generiert. Bei der Berechnung der Strahlwege können auch Mehrwegeausbreitungen bis zu einem gewissen Grad berücksichtigt werden. Das ermöglicht, Interaktionen der Simulationsobjekte zu modellieren, die beispielsweise als Reflektionen an Straßenoberflächen auftreten. Das Streuverhalten der Simulationsobjekte wird mit Hilfe der PO zur Laufzeit berechnet. 

Anwendungen

GOPOSim ist in erster Linie zur Simulation von zeitdynamischen Prozessen konzipiert. Die Simulationsergebnisse können in verschiedenen Formaten ausgegeben werden. Nach Verarbeitung der Rohdaten kann das simulierte Radarsignal z. B. als Range-Doppler-Map, als Dopplersignatur oder als HRR (High-Range-Resolution)-Profil prozessiert werden. In der Abbildung 2 ist ein ISAR Bild (Inverse synthetic aperture radar) eines Golfs III dargestellt und die Abbildung 3 zeigt verschiedene HRR-Profile des Fahrzeugs in Abhängigkeit des Betrachtungswinkels. Mit Hilfe des RTS-Formates (Radar Target Simulator) wird z. B. der am Fraunhofer FHR entwickelte Radarzielsimulator ATRIUM® gespeist. Kritische Verkehrsszenarien werden so über eine passende Antennenanordnung einem zu testenden Radarsensor vorgespielt. Der Radarzielsimulator analysiert hierzu das von einem Radarsensor ausgesendete Signal, synthetisiert die entsprechende Antwort der Szene und sendet diese wieder zum Radarsensor zurück.

Darüber hinaus kann mit der Software der monostatische sowie der bistatische RCS (Rückstreuquerschnitt) von Objekten, die in einem CAD Modell vorliegen, berechnet und als Funktion des Winkels visualisiert werden. In Abbildung 1 ist der RCS eines Golfs III mit einer Auflösung von 720 Winkelschritten 360° um das Fahrzeug herum dargestellt. Am Fraunhofer FHR werden zukünftig weitere Schnittstellen, z. B. für »Software in the Loop«-Simulationen realisiert. Die elektromagnetische Simulation zeitdynamischer Prozesse erfordert jedoch große Rechenkapazitäten und benötigt enorme Rechenzeiten. 

Um eine EM Simulationssoftware als CO-Simulation zu Verkehrssimulationen einsetzen zu können, ist es erforderlich, dass die Rechengeschwindigkeit mindestens so schnell sein muss wie der reale zeitliche Ablauf der Szene (Realtime-Simulation). Aktuell wird diese Anforderung für begrenzt komplexe Verkehrsszenarien bereits erfüllt. GOPOSim wird zukünftig durch eine geeignete GPU-Programmierung weiter beschleunigt um die Realtime Anforderung auch bei komplexen Szenen zu gewährleisten.