Waste4future: Recycling von Kunststoffen
6,3 Millionen Tonnen kunststoffhaltiger Abfälle fallen in Deutschland an – pro Jahr wohlgemerkt. Das Projekt »Waste4Future« hilft dabei, die kohlenstoffhaltigen Bestandteile im Abfall besser zu erkennen und daraus wieder hochwertige Ausgangsmaterialien herzustellen.
Polyethylen, Polypropylen oder Polystyrol: Kunststoffe gehören zu den weltweit wichtigsten Werkstoffen. Allein in Deutschland werden jährlich etwa zwölf Millionen Tonnen Kunststoffe verbraucht. Zwar ist der im Kunststoff enthaltene Kohlenstoff eine wichtige Ressource für die chemische Industrie, dennoch wird nur etwa ein Viertel der Kohlenstoffe und Kohlenstoffverbindungen im Kreislauf gehalten. Problematisch ist das nicht nur hinsichtlich des Bedarfs an fossilen Ressourcen und dem Ausstoß an CO2-Emissionen, sondern auch in punkto Umweltverschmutzung mit Plastikmüll.
Sieben Fraunhofer-Institute wollen dies ändern und den Kohlenstoff deutlich länger im Kreislauf halten – und somit auch gleich die Versorgungssicherheit der Industrie verbessern. Dazu bündeln sie im Leitprojekt »Waste4Future« ihre Kompetenzen. Beteiligt ist auch das Fraunhofer FHR, hier liegt die Leitung für das Arbeitspaket »Sensorik«. Das Ziel liegt darin, Kunststoffabfälle, genauer gesagt Schredder-Leichtfraktionen, mit einer Genauigkeit von über 98,5 Prozent sortenrein zu trennen.
Sensor-Suite hilft bei der Sortierung von Kunststoffabfällen
Während die Kunststoffschnipsel üblicherweise nur mit einem Infrarotsensor untersucht werden, kommt in Waste4Future eine Sensor-Suite zum Einsatz, die das Fraunhofer FHR gemeinsam mit dem Fraunhofer IOSB und dem Fraunhofer IZFP entwickelt. Der Vorteil: Indem Infrarot-, Thermografie-, Ultraschall- und Terahertz-Sensoren miteinander kombiniert werden, lässt sich die Sortiergüte maximieren. Handelt es sich bei einem Kunststoffschnipsel dem Infrarotsensor zufolge zu 90 Prozent um Polypropylen und laut Terahertz-Sensor um 92 Prozent, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es sich tatsächlich um diesen Kunststoff handelt. Zudem lassen sich mit der Sensor-Suite auch schwarze Kunststoffe sortenrein voneinander trennen.
Terahertz-Sensorik im D-Band
Die Forschenden des Fraunhofer FHR widmeten sich der Entwicklung der Terahertz-Sensorik: Einer Zeilenkamera mit 32 Kanälen, die im D-Band von 110 bis 170 Gigahertz arbeitet. Diese kann erweiterbar über einem Fließband angebracht werden, es lassen sich also mehrere solcher 32-kanäligen Einheiten miteinander verbinden. Der Sensor misst die Transmission durch die Probe sowie die Laufzeit: Über diese Daten lässt sich auf das jeweilige Material schließen. Die Haupt-Entwicklungsherausforderungen lagen in der Echtzeit-Signalverarbeitung und in der Langzeitstabilität des kohärenten Systems.
In den meisten Fällen handelt es sich bei den Kunststoffschnipseln jedoch nicht um reines Material, vielmehr sind den Kunststoffen verschiedene Additive und Farbstoffe beigemischt. Dies wirkt sich wiederum auf die Laufzeit des Signals durch das Material aus. Hier greifen intelligente Maschine-Learning-Algorithmen aus dem Fraunhofer IZFP, um die Kunststoffe dennoch sortenrein zu unterscheiden.
Dual-Band-Chip vergrößert die Bandbreite
Zudem entwickeln die Forschenden des Fraunhofer FHR einen Dual-Band-Chip, der kohärent und simultan zwei Frequenzbänder ausstrahlt. Der Chip misst sowohl bei 120 als auch bei 240 Gigahertz – jeweils mit einer gewissen Bandbreite. Künftig können die Proben dann nicht nur im D-Band, sondern gleichzeitig auch im höheren Frequenzband analysiert werden. Auf diese Weise steigt die Bandbreite, es können deutlich mehr Materialeigenschaften erfasst werden. So ist beispielsweise denkbar, dass verschiedene Materialien, die im D-Band sehr ähnlich erscheinen, bei 240 Gigahertz deutliche Unterschiede aufweisen. Das erste Testsystem des Chips ist bereits aufgebaut. Nun sollen erste Proben analysiert und die Daten mit den Messungen des Einzelband-Sensors verglichen werden.
Künftig auch Messung der Alterung möglich
Der Terahertz-Sensor ist bereits weiter gediehen, seine Entwicklung ist abgeschlossen. Ab April 2024 sollen alle Sensoren zur Sensor-Suite zusammengeschaltet sein, dann stehen erste Tests des Gesamtsystems auf dem Programm. Was sich jetzt bereits sagen lässt: Werden zwei verschiedene Kunststofffraktionen aus der Schredder-Leichtfraktion herausgeschleust, scheint die geforderte Sortiergüte von 98,5 Prozent erreicht zu werden. Künftig könnte die Sensor-Suite auch die Alterung der Kunststoffe analysieren – eine entscheidende Information für das chemische Recycling.