Radar plus elektronische Kampfführung
Gleichzeitig SAR-Bilder erstellen, mit der Bodenstation kommunizieren und den Feind stören – dies soll ein neuartiges Luftverteidigungssystem ermöglichen, das das Fraunhofer FHR derzeit gemeinsam mit verschiedenen europäischen Industrie- und Forschungspartnern entwickelt.
Eine eierlegende Wollmilchsau – anders gesagt, ein System, das gleich mehrere Funktionen übernehmen kann? An einem solchen arbeiten Forschende des Fraunhofer FHR im Auftrag der Europäischen Kommission im Rahmen der Preparatory Action on Defence Research (PADR) 2019, gemeinsam mit zehn europäischen Partnern aus Industrie und Forschungseinrichtungen. Im Projekt CROWN, kurz für »European active electronically scanned array with Combined Radar, cOmmunications, and electronic Warfare fuNctions for military applications«, entwickeln sie ein RF-System, das sowohl Radarfunktionen als auch Kommunikation und elektronische Kampfführung übernehmen kann. Bislang ist dies – zumindest in Europa – einmalig. Künftig könnte das System an einer Drohne befestigt oder in das Luftkampfsystem »Future Combat Air System FCAS« integriert werden und gleichzeitig mittels Radar ein Lagebild erstellen, mit befreundeten Plattformen kommunizieren und die Gegner stören. Um unabhängig von anderen Ländern zu sein, sollen alle dafür benötigten Teile aus Europa stammen – was derzeit noch eine Herausforderung darstellt. Der erste große Meilenstein, den das internationale Forscherteam in diesem Jahr erreichen möchte, liegt darin aufzuzeigen, welche Ressourcen dafür nötig wären.
Die Forschenden am Fraunhofer FHR sind unter anderem für das Ressourcenmanagement zuständig. Denn moderne RF-Systeme sollen viele Aufgaben übernehmen, manche davon gleichzeitig. Das kann mit zeitlichen Problemen einhergehen, auch die Energieversorgung kann eine Herausforderung sein. So macht es beispielsweise wenig Sinn, neue Ziele im Luftraum zu suchen, wenn das System bereits bei den bekannten Zielen mit der Verfolgung nicht mehr hinterherkommt. Zunächst einmal arbeitet das Expertenteam daran, Verfahren zu entwickeln, die es ermöglichen, die Antenne in mehrere kleine Antennen, sogenannte Subaperturen, aufzuteilen, die parallel arbeiten. Dann jedoch reichen vorab aufgestellte Regeln nicht mehr aus, um das System sinnvolle Entscheidungen treffen zu lassen. Die Forschenden nutzen daher Methoden des Reinforcement Learnings, eine spezielle Form des Machine Learnings: Sie geben dem System Rückmeldungen zu getroffenen Entscheidungen und bringen ihm auf diese Weise bei, sich stetig zu verbessern. Eine weitere Herausforderung, der sich das Fraunhofer FHR widmet, liegt in der Realisation verschiedener Wellenformen der Signale. Dies soll verhindern, dass sich die von den Subaperturen ausgesendeten Signale gegenseitig stören.
Bis Ende 2023, so der Plan, möchte das europäische Team seine Entwicklung auf den Technology Readiness Level TRL 4 heben, also auf die Demonstratorebene. In einem Folgeprojekt soll dann ein TRL von 7 erreicht werden, was einem Prototyp entspricht.