Messkampagne der Nato: Radarsysteme des Fraunhofer FHR beteiligt
Wie viel bringt es, das gleiche Szenario mit Radarsystemen unterschiedlicher Frequenzen anzuschauen? Lassen sich auf diese Weise etwa Attrappen von Waffen unterscheiden? Und welche zusätzlichen Informationen kann man aus Aufnahmen des gleichen Objekts aus verschiedenen Blickwinkeln erzielen? Diese Fragen soll eine NATO-Messkampagne klären, an der sich auch das Fraunhofer FHR beteiligt.
Im Juli und August 2019 drehte das Ultraleichtflugzeug Delphin seine Runden über einem militärischen Übungsgelände in England. Das Besondere: Unter seinen Flügeln waren abwechselnd verschiedene Radarsysteme des Fraunhofer FHR angebracht, die das Übungsgelände aus luftiger Höhe untersuchten. Es handelte sich um die Messkampagne Multidimensional radar imaging der NATO-Forschungsgruppe SET-250, an der Italien, Polen, Großbritannien, Südafrika, Schweiz, Niederlande, Australien und Deutschland beteiligt sind. Im Sommer wurden insbesondere die Radarsysteme von England, Niederlande und des deutschen Fraunhofer FHR zusammengeführt.
Welchen Mehrwert hat Multisensorik-Radar?
Die Frage, die es bei der Messkampagne und der nun nachfolgenden Forschung zu klären gilt: Welchen Mehrwert haben Multisensorik und flexible Aufnahmegeometrien – sprich Messungen mit verschiedenen Frequenzen, Polarisationen, Blickwinkeln und Auflösungen? Üblicherweise arbeiten militärische Radarsysteme im Bereich von zehn Gigahertz. Doch verschiedene Materialien reflektieren bei unterschiedlichen Frequenzen unterschiedlich gut: Es kann also sein, dass ein Objekt für einen Strahl einer bestimmten Frequenz durchsichtig ist, auf einer Aufnahme mit einer anderen Frequenz jedoch sichtbar wird. Schaut man ein Ziel mit Radarsignalen verschiedener Frequenzen an, sollte man daraus also einen Nutzen ziehen können. So steht zu erwarten, dass man Attrappen besser entlarven kann – etwa leere Kunststoffrohre, die anstelle von Waffen auf Panzern angebracht sind. Auch sollte man eine Art 3D-Effekt erhalten, wenn man ein Objekt von mehreren Seiten untersucht und die Aufnahmen anschließend fusioniert.
Radarsysteme mit Frequenzen von 1 bis 94 Gigahertz
Während das niederländische L-Band-Radar bei 1 bis 2 Gigahertz arbeitete, lag die Frequenz des englischen X-Band-Radars bei etwa 10 Gigahertz. Die beiden Systeme des Fraunhofer FHR arbeiteten bei 34 bzw. 94 Gigahertz: Das Ka-Band-System PAMIR-Ka hat eine große Bandbreite, langfristig soll die Antenne in zwei Richtungen schwenkbar sein – dann kann auch bei einer Flugzeugdrift noch genau in die gewünschte Richtung geschaut werden. Die Besonderheit des Systems MIRANDA-94 dagegen ist die hohe Frequenz von 94 Gigahertz. Zudem wurden die Hauptkomponenten des Systems in Deutschland gefertigt, überwiegend am Fraunhofer IAF in Freiburg. In einem weiteren Schritt gilt es nun, die gewonnenen Daten gemeinsam auszuwerten und zusammenzuführen.