Jahresbericht 2023

Bereich Multifunktionale Hochfrequenz- und Radarsysteme (MFR)

Interview zur neuen Institutsstruktur mit Dr.-Ing. Stefan Brüggenwirth, Bereichsleiter MFR

© Fraunhofer FHR / Andreas Schoeps
Zu Lande, zu Wasser, in der Luft und im Weltraum: Radar ist ein unverzichtbarer Sensor für Aufklärung und Überwachung.

Wo sehen Sie das Institut in 5 Jahren und warum ist die marktorientierte Bereichsstruktur der beste Weg dafür?

Ich erwarte durch die bessere Nutzung unserer Synergieeffekte ein nachhaltiges Wachstumspotential in allen drei Bereichen. Durch die Bündelung der Kompetenzen können wir wieder mehr Innovationen auf den Markt bringen. Im Bereich Verteidigung sehe ich die erfolgreiche Implementierung eines gemeinsamen MFR-Experimentalsystems als sehr große Chance an. Durch die Konzentration unseres Know-hows könnten wir ein solches System in fünf Jahren in Hard- und Software erstellen und wären damit europa-, wenn nicht weltweit führend. Das wäre ein enormer Erfolg, der durch die Bereichsstruktur greifbar wird!


Was sind die wichtigsten Ziele, die das Institut damit verfolgt?

Als messbare Ziele sehe ich eine solide, langfristige Finanzierung des Bereichs an, sowie ein ausgewogenes Mitarbeiterwachstum, das für weniger Belastungsspitzen sorgen soll. Herausfordernd bleibt dafür nach wie vor der aktuelle Fachkräftemangel. Umso wichtiger ist als zweites Hauptziel die Mitarbeitendenzufriedenheit, die dann auch für mehr Kontinuität sorgen kann. Nicht zuletzt natürlich streben wir damit mehr erfolgreiche querschnittliche Projekte an, wofür wir passende KPIs und Ziele je Bereich entwickeln und unsere »Stärken stärken« werden, d. h. optimale Randbedingungen für die fachliche Arbeit des Bereichs schaffen werden.


Bezogen auf Ihren Bereich: Welche Vision haben Sie hier? Wo soll Ihr Bereich in 5 Jahren stehen?

Ich möchte in meinem Bereich eine Matrix für die Zusammenarbeit etablieren. Mit abgestimmten Roadmaps wird jede Abteilung, jede Gruppe einen Forschungsbereich haben, der zukunftsträchtig ist und sich nicht mit dem der anderen überlappt. Damit wir dabei dennoch für die einzelnen Projekte ideal auf die gegenseitigen Kompetenzen zugreifen können, möchte ich für einen zielgerichteten, offenen Datenaustausch und Know-how-Transfer sorgen. Mit erfolgreichen Großprojekten wie FCAS und der Entwicklung des gemeinsamen MFRF-Systems können wir so wertvoller Teil der »Zeitenwende« sein.
Wie optimiert die Strukturveränderung die Zusammenarbeit mit unseren Kunden und Partnern?

Effiziente Vertriebswege erfordern eine gewisse Größe und Zeit, bis sie nachhaltig etabliert sind. Das wird mit den Bereichen und den Bereichsleitern möglich. Die erleichtern als »One-Face- to-the-Customer” den Kunden die Ansprache, kennen den Markt, die Roadmaps der Kunden, die Mitbewerber und Fördergeber und das eigene Portfolio, das sie gemeinsam mit Kunden und Amtsseite langfristig strategisch weiterentwickeln. Zum anderen erlauben die größeren Bereiche das Abfedern von Auftragsspitzen und eine gleichmäßige Auslastung, was die Mitarbeitenden entlastet und die Zuverlässigkeit in der Projektabwicklung für die Kunden verbessert. Mit abgestimmten Roadmaps und einem Technologie-»Baukasten« können wir deutlich einfacher gesamte Systeme bzw. Subsysteme als werthaltige Komponenten mit passenden internen Schnittstellen anbieten.


Bei aller Änderungsnotwendigkeit: Wo ist das Fraunhofer FHR erfolgreich? Worauf können wir bauen, was nehmen wir mit?

Wir sind das größte Radarforschungsinstitut in Europa mit einem hervorragenden Ruf. Wir haben auch relativ treue Kunden, die uns auch weiterhin beauftragen werden. Wir haben herausragende Mitarbeitende und langfristige Großprojekte und das, denke ich, ist die Grundlage, auf der wir für diese Umstrukturierung aufbauen können.


Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was bedeutet diese Umstrukturierung für Sie? Was ändert sich für Sie und wieso stellen Sie sich der Herausforderung?

Die Leitung des Bereichs MFR ist sicher eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, hat aber aus meiner Sicht auch sehr viele spannende Möglichkeiten – auch jetzt in der neuen geopolitischen Lage. Mit acht erfolgreichen Jahren als Leiter der ehemaligen Abteilung Kognitives Radar habe ich sowohl das Vertrauen in das Institut, dass alle hier mitgehen, als auch, dass ich die Aufgabe stemmen kann.

Während der Umstrukturierungsphase bedeutet das ein Verlassen der Komfortzone, weil viele teils gegensätzliche Interessen zu berücksichtigen sind. Als ich ans Institut kam, habe ich eine vergleichbare Situation erlebt. Damals wurde eine Abteilung in die Abteilungen PSR und KR gespalten, was zunächst für Verunsicherungen gesorgt hat. Letztlich war es aber sehr gut, dass wir die strategische Lücke »künstliche Intelligenz« erkannt haben und die Abteilungen so angelegt wurden. Ich stelle mir vor, dass das mit dem Bereich Verteidigung ähnlich läuft. Ich glaube, dass Deutschland mehr militärische Verantwortung übernehmen muss und wir als Fraunhofer FHR wieder stärker als Berater und als Innovationstreiber aktiv werden und wieder mehr unseres Know-hows in die Verwendung bringen müssen. Eine so verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen, ist für mich ein wichtiger Anspruch.