Vom Abfall zum Rohstoff
Leitprojekt »Waste4Future« ebnet neue Wege für Kunststoff-Recycling
Eine nachhaltige Gesellschaft mit klimaneutralen Prozessen benötigt erhebliche Anpassungen in den Wertschöpfungsketten, die nur durch Innovationen möglich werden. Sieben Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft bündeln im Leitprojekt »Waste4Future« ihre Kompetenzen, um neue Lösungen für dieses Ziel zu entwickeln, von der Rohstoffbasis über die Stoffströme und Verfahrenstechnik bis zum Ende des Lebenszyklus eines Produkts. Insbesondere wollen sie die Energie- und Ressourceneffizienz beim Einsatz von Kunststoffen erhöhen und somit den Weg ebnen für eine Chemieindustrie, die weniger fossile Rohstoffe benötigt und weniger Emissionen verursacht.
Ohne Kunststoffe wie Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) oder Polystyrol (PS), die derzeit fast durchweg aus fossilen Rohstoffen hergestellt werden, wären viele Alltagsprodukte und moderne Technologien undenkbar. Der im Kunststoff enthaltene Kohlenstoff ist dabei eine wichtige Ressource für die chemische Industrie. Wenn es gelingt, solche kohlenstoffhaltigen Bestandteile in Abfällen besser zu erkennen, besser zu verwerten und daraus wieder hochwertige Ausgangsmaterialien für die Industrie herzustellen, kann der Kohlenstoff im Kreislauf gehalten werden. Das reduziert nicht nur den Bedarf an fossilen Ressourcen, sondern auch die Umweltverschmutzung mit CO2-Emissionen und Plastikmüll. Zugleich verbessert sich die Versorgungssicherheit der Industrie, weil eine zusätzliche Kohlenstoffquelle erschlossen wird.
Im Leitprojekt »Waste4Future« sollen deshalb neue Möglichkeiten für das Recycling von Kunststoffen geschaffen werden, um den darin enthaltenen Kohlenstoff als »grüne« Ressource für die Chemieindustrie bereitzustellen. »Wir bahnen somit den Weg für eine Kohlenstoff-Kreislaufwirtschaft, in der aus Kunststoffabfällen wertvolle neue Basismoleküle gewonnen und Emissionen weitgehend vermieden werden: Der Abfall von heute wird zur Ressource von morgen«, sagt Dr.-Ing. Sylvia Schattauer, stellvertretende Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, das die Federführung für das Projekt hat. »Mit dem Know-how der beteiligten Institute wollen wir zeigen, wie das umfassende Recycling von kunststoffhaltigen Abfällen ohne Verlust von Kohlenstoff durch ineinandergreifende, vernetzte Prozesse möglich und schlussendlich auch wirtschaftlich ist.« Ergebnis des bis Ende 2023 laufenden Projekts sollen innovative Recyclingtechnologien für komplexe Abfälle sein, mit denen sich hochwertige Rezyklate gewinnen lassen.
Waste4Future am Fraunhofer FHR
Das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR in Wachtberg entwickelt innerhalb von Waste4Future die Terahertz-Sensorik der Sensorsuite für die Sortieranlagen. Dabei soll die Sensorik sowohl die Stoffparameter für eine möglichst reine Sortierung als auch die Alterung der Probe bestimmen. Das Alter der Probe ist relevant, um einzuschätzen ob/wie sich diese unter anderem für das Chemische Recycling eignet. Beide Aspekte sollen mit der Sensorsuite erkannt werden: Hier werden Optische Sensoren, Thermographische Sensoren, Linienlaser und Luftultraschall miteinander vernetzt. Die erfassten Daten werden mittels Verfahren des maschinellen Lernens seitens des Fraunhofer IZFP verknüpft und ausgewertet. Die Sensorsuite wird über dem Fließband einer Sortieranlage montiert. Mit Druckluftsensoren werden dann die nicht gewünschten Stoffe aussortiert. Im Rahmen des Projekts werden hier sowohl seitens des Fraunhofer IOSB als auch des Fraunhofer IWKS Sortieranlagen modifiziert und entwickelt.
Am Fraunhofer FHR entwickelt und gebaut wird dazu ein Dual-Band-Radarsensor mit einem Radarchip auf Silizium-Germanium-Basis, der simultan zwei Frequenzbänder abstrahlt. Diese werden vom Fraunhofer IZFP algorithmisch fusioniert. Dabei ermöglicht die große Bandbreite die Parameter der Probe möglichst gut zu erfassen. Gebaut wird das System als Zeilenkamera, die 18 cm Fließband in der Sortieranlage abdecken soll. Das modulare System wird skalierbar angelegt, so dass zwei Module dann 36 cm abdecken, usw. Der erste Chip für beide Frequenzen ist für Frühjahr 2022 geplant, die komplette Aufbaustufe des Demonstrators soll bis Januar 2023 stehen.
Gemeinschaftsprojekt von sieben Fraunhofer-Einrichtungen
Für die Entwicklung der entsprechenden Lösungen stehen die beteiligten Institute im engen Austausch mit Unternehmen aus der chemischen Industrie und Kunststoffverarbeitung, der Abfallwirtschaft, dem Recycling-Anlagenbau und dem Recycling-Anlagenbetrieb, um zielgerichtet den Bedarf der Industrie zu berücksichtigen und somit die Chancen auf eine schnelle Umsetzung der erzielten Ergebnisse zu erhöhen.
Am Fraunhofer-Leitprojekt »Waste4Future« sind folgende Einrichtungen beteiligt:
- Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS (Federführung)
- Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP
- Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS
- Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB
- Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR
- Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF
- Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV
- https://www.waste4future.fraunhofer.de/ (waste4future.fraunhofer.de)