10 Jahre erfolgreich Institut der Fraunhofer-Gesellschaft
Ein Jahrzehnt als Teil der Fraunhofer-Gesellschaft: Im Rahmen des 9. Wachtberg-Forums feierte das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR rundes Jubiläum. Im Jahr 2009 wurden die Institute der Forschungsgesellschaft für Angewandte Naturwissenschaften (FGAN) in die Fraunhofer-Gesellschaft integriert. Seitdem verdoppelte sich das Budget des Fraunhofer FHR auf 38,4 Millionen Euro und die Zahl der Mitarbeitenden stieg von rund 200 auf über 350. Zahlreiche renommierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte wurden mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft realisiert.
Das Wachtberg-Forum wurde parallel zu der Öffnung des Instituts für den freien Markt als Plattform für den Austausch mit Kunden und Auftraggebern ins Leben gerufen. Seit 2010 präsentiert das FHR hier jährlich die neuesten Entwicklungen und Zukunftsperspektiven im Bereich der Radarforschung mit einem Ausstellungs- und Vortragsbereich. Das diesjährige Wachtberg-Forum war das bislang größte, knapp 200 Fachbesucher kamen auf das Institutsgelände mit der „Kugel“, dem weithin sichtbaren Weltraumbeobachtungsradar TIRA. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer FHR zeigten anschaulich und praxisnah die vielseitigen Einsatzgebiete von Radar. Im Mittelpunkt standen die Weltraumbeobachtung mit Radar, Systeme zur Drohnenabwehr und Anwendungen zur Erhöhung der Sicherheit autonomer Fahrzeuge.
Hochrangige Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Verteidigung würdigten die Entwicklung der Einrichtung. Zur Begrüßung sprachen Susanne Schneider-Salomon, Gruppenleiterin Außeruniversitäre Forschungsorganisationen im Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, Generalleutnant Klaus Habersetzer,
Kommandeur Zentrum Luftoperationen, Renate Offergeld, Bürgermeisterin Wachtberg, Elisabeth Ewen, Direktorin Personal der Fraunhofer-Gesellschaft und Prof. Dr. Peter Martini, Stellvertretender Vorsitzender des Fraunhofer-Verbunds Verteidigungs- und Sicherheitsforschung VVS und Institutsleiter Fraunhofer FKIE. Ebenso informierten sich Dr. Norbert Röttgen, MdB, Sebastian Schuster, Landrat des Rhein-Sieg-Kreises und Oliver Krauß, MdL über die Neuheiten des Fraunhofer FHR.
Die Glückwünsche des Landes überbrachte Susanne Schneider-Salomon aus dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft: „Ich gratuliere dem Institut zu seinem Erfolg. Wir sind stolz, Europas führendes Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik in Nordrhein-Westfalen zu haben - im Besonderen im Hinblick auf die wissenschaftlichen Leistungen, die hinter den stark gewachsenen Budget- und Mitarbeiterzahlen stehen.“
Die große Bedeutung des Fraunhofer FHR als wichtigen Partner der Bundeswehr unterstrich Generalleutnant Klaus Habersetzer: „Ihre Produkte stellen eine wichtige Grundlage für die Arbeit im Weltraumlagezentrum da. Ihre Expertise und Ihr Fachwissen sind auf höchsten Niveau. Darauf kann man sich verlassen. Vielen Dank dafür.“
Durchweg positiv blickte die Zentrale der Fraunhofer-Gesellschaft auf zehn Jahre Fraunhofer FHR: „Die Integration des Instituts in die Fraunhofer-Gesellschaft war die richtige Entscheidung. Dual-Use Themen, also Entwicklungen, die ursprünglich für das Militär gemacht wurden, finden zunehmend Einsatz im zivilen Bereich und werden dort zu einem Erfolg oder sogar zum ‚Game Changer‘“, sagte Elisabeth Ewen im Namen des Fraunhofer-Vorstands.
Auch die beiden Institutsleiter Prof. Dr. Peter Knott und Prof. Dr. Dirk Heberling ziehen eine erfreuliche Bilanz: „Unter dem Dach der Fraunhofer-Gesellschaft hat das Institut den Schritt in den freien Markt erfolgreich vollzogen. Wir sind stolz auf die vergangenen zehn Jahre und freuen uns, heute sowohl zuverlässiger Partner für den Bereich Sicherheit und Verteidigung als auch kompetenter Ansprechpartner für Lösungen in Industrie und Wirtschaft zu sein“, so Prof. Knott zum Jubiläum. „Ohne unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit vollem Einsatz bereit sind und waren, sich auf Neuland zu begeben, wäre diese Erfolgsgeschichte nicht möglich“, ergänzte Prof. Heberling.
Schwerpunkte der Ausstellung des 9. Wachtberg-Forums
Weltraumbeobachtungsradar TIRA: Hochgenaue Zielverfolgung und hochaufgelöste Abbildung von Weltraumobjekten
Mit TIRA (Tracking and Imaging Radar) verfügt das Institut über ein System zur Weltraumbeobachtung, dessen Leistungsfähigkeit in Europa einmalig ist. Dieses System kombiniert eine hochdynamische 34-m Antenne mit einem hochpräzisen Zielverfolgungsradar (Tracking) im L-Band und einem hochauflösenden Abbildungsradar (Imaging) im Ku-Band. Typische Aufgaben sind neben Bahnbestimmungen und Schadenanalysen die Identifizierung und technische Analyse von Satelliten. Dies wird ermöglicht durch die mit dem Abbildungsradar erzeugten Radarbilder, die sich durch eine hohe radiometrische und räumliche Auflösung auszeichnen.
GESTRA: Weiträumige Weltraumüberwachung mit Leading-edge-Technologie
Für eine lückenlose, kontinuierliche Überwachung des Weltraums ist noch ein anderer Typ von Radar notwendig: Sogenannte Phased Arrays, elektronisch gesteuerte Gruppenantennen, sind in der Lage den erdnahen Weltraum rund um die Uhr großräumig zu überwachen. Mit einer elektronisch schwenkbaren Antenne basierend auf neuester Halbleitertechnologie, die innerhalb von Millisekunden riesige Bereiche am Himmel abscannen kann, arbeitet das neue Weltraumüberwachungsradar GESTRA (German Experimental Space Surveillance and Tracking Radar), welches das Fraunhofer FHR im Auftrag des Raumfahrtmanagements des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zurzeit entwickelt. Der Sensor besteht aus einer Sende- und einer Empfangseinheit, die jeweils in einem 18 m x 4 m x 4 m großen Container integriert wurden. Im Jahr 2019 wird GESTRA an den finalen Aufstellungsort in Koblenz transportiert, um dort als Gesamtsystem getestet und kalibriert zu werden. 2020 soll das System zum operativen Betrieb an das Weltraumlagezentrum (WRLageZ) in Uedem übergeben werden. Einerseits wird damit das WRLageZ über einen leistungsstarken Radarsensor zur Weltraumüberwachung verfügen, andererseits verspricht GESTRA auch anderen Forschungseinrichtungen in Deutschland wertvolle Daten zur wissenschaftlichen Nutzung.
Zuverlässige Qualifizierung von Automobilradaren mit ATRIUM
Mit ATRIUM (Automobile Testumgebung für Radar In-the-loop Untersuchungen und Messungen) wird ein Radarzielsimulator für das E-Band entwickelt, der eine umfassende Kontrolle der Funktionsfähigkeit von Automobil-Radarsensoren der nächsten Generation ermöglicht. Im Gegensatz zu konventionellen Radarzielsimulatoren wird ATRIUM kritische Verkehrsszenarien vollständig simulieren können.
Im Bereich der Zukunftstechnologie Autonomes Fahren muss der Sicherheit autonomer Fahrzeuge besondere Beachtung geschenkt werden. Mit ATRIUM wird eine Testumgebung, die eine umfassende Qualifizierung von Automobilradarsensoren ermöglicht, umgesetzt. Diese wird eine realitätsnahe Nachbildung von Verkehrsszenarien durch die Synthese eines elektromagnetischen Wellenfelds erlauben. Dadurch wird der Zielsimulator in die Lage versetzt, virtuelle Radarziele an beliebigen Positionen zu platzieren. Durch stetige Änderung der Position sowie durch Dopplerverschiebung kann zudem die Bewegung von Radarzielen simuliert werden. Darüber hinaus wird das System in der Lage sein, komplexe Zielsignaturen nachzuempfinden, wodurch Radarziele vom Radarsensor nicht nur als Punkte, sondern als vielgestaltige, aus mehreren Teilen (z. B. aus Heck, Stoßstange, Rädern) zusammengesetzte Objekte wahrgenommen werden können.
Sensorgestütztes Überwachungs- und Alarmierungssystem zur Detektion und Verfolgung unbemannter Flugsysteme (ORAS)
Das System ORAS zielt auf die Detektion unbemannter Flugsysteme im urbanen Umfeld ab. Die Intenta GmbH entwickelt dabei neuartige schwenkbare optische Sensoren, die im Verbund mit einem vom Fraunhofer FHR konzipierten Radarnetzwerk und mit einem 360° Domradar der Spinner GmbH ein engmaschiges Überwachungsnetzwerk für unbemannte Flugsysteme aufspannen. In der von der ASINCO GmbH konzipierten Leitzentrale können mehrere unbemannte Flugsysteme zuverlässig geortet und verfolgt werden. ORAS ist so konzeptioniert, dass es problemlos in die Gefahreneinsatzplanung eingebunden werden kann. Ein solches System ist für vielfältige Einsatzszenarien denkbar, z. B. mobil zum Schutz von Volksfesten oder Großveranstaltungen bis hin zu fest installierten Systemen zur Überwachung kritischer Infrastrukturen wie Flughäfen oder Kraftwerke. Rechtliche Fragestellungen werden dabei durch die TH Wildau genauso beleuchtet wie das wirtschaftliche Potenzial des Systemkonzeptes.