Control 2017

Hochpräzise und kostengünstig messen mit Millimeterwellen-Sensoren

Die neue Generation von Hochfrequenzsensoren des Fraunhofer FHR ermöglicht berührungsloses, zerstörungsfreies Prüfen unterschiedlichster Güter. Die Entwickler haben einen robusten, zuverlässigen Sensor für anspruchsvolle Anwendungen unter harschen Umweltbedingungen konzipiert: Selbst bei hohen Temperaturen, Vibrationen und Null-Sicht-Bedingungen aufgrund von Rauch, Dampf oder Nebel arbeitet der Sensor exakt. Der Sensor ist voll integrierbar in bestehende Anlagen sowie die Anlagensteuerung. Seine echtzeit- und in-line-fähigen Millimeterwellen-Sensoren stellt das Fraunhofer FHR gemeinsam mit der Ruhr-Universität Bochum (RUB) diese Woche bei der Control in Stuttgart auf Stand 6302 in Halle 6 aus.

Präzise, kostengünstig und in Echtzeit: Das Single-Chip-Radar mit dem 80 GHz-Sensor des Fraunhofer FHR reguliert Position und Bewegung einer schwebenden magnetischen Kugel exakt.
© Fraunhofer FHR
Präzise, kostengünstig und in Echtzeit: Das Single-Chip-Radar mit dem 80 GHz-Sensor des Fraunhofer FHR reguliert Position und Bewegung einer schwebenden magnetischen Kugel exakt.

Das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR entwickelt Millimeterwellen-Sensoren für die Qualitätskontrolle und -sicherung in der Produktion. Diese nutzen elektromagnetische Signale (»Radar«) und messen berührungslos, präzise und in Echtzeit, auch unter widrigen Umweltbedingungen. Das demonstrieren die FHR-Ingenieure auf der Messe mit einem Single-Chip-Radar mit hochpräzisem 80 GHz-Sensor. Das Radar bestimmt die exakte Position einer schwebenden Kugel und steuert mit diesen Messwerten automatisch den Stromfluss durch den Elektromagneten, der die Kugel in ihrer Schwebeposition hält. Die Höhe kann frei gewählt und verändert werden. Dies zeigt die Tauglichkeit des Systems für industrielle Anwendungen, die Regelung in Echtzeit erfordern, z.B. für Regelschleifen-Prozesse zur Positionskontrolle oder Navigation im Nahbereich, v.a. für instabile oder agile Systeme.

Das Radar wendet das sogenannte FMCW-Verfahren an. Hierbei wird das Signal während des Sendens über die gesamte Bandbreite moduliert, ein Chirp entsteht. Dieser Chirp wird zyklisch wiederholt. Im Gegensatz zu einem Radar, das nur einen Puls aussendet, senden FMC-Radare kontinuierlich. Darum werden sie auch (frequenz-modulierte) Dauerstrich-Radare genannt. Die Prozessierung des Signals erfolgt auf einer Xilinx-Zynq-Plattform. Ein PID-Controller gleicht den Mess- mit dem Sollwert ab. Er sorgt so für die Regulierung des Stromflusses durch den Elektromagneten und damit der Kugelposition.

FMCW-Radare zeichnen sich durch ihre flexiblen Anwendungsmöglichkeiten aus. Außerdem sind sie kostengünstig mittels Halbleiter-Technologie realisierbar. Das Fraunhofer FHR und die RUB setzen selbstentwickelte Single-Chip-Radare auf Basis von Silizium-Germanium (SiGe) ein, wie sie auch für Automotive-Radare genutzt werden. Hier kann das ganze System auf einem wenige Millimeter großen Chip integriert werden. Die Stromversorgung ist dank der niedrigen Spannung von 5V beispielsweise über einen USB-Anschluss realisierbar.

Das Fraunhofer FHR bietet Hochfrequenz-Sensoren für präziseste Abstands- oder Positionsbestimmung als auch bildgebende Systeme an. Aufwändige Schutzmaßnahmen wie bei Röntgenanlagen sind nicht notwendig. Anwendbar ist die Technologie in allen Bereichen der Produktion: Lebensmittelherstellung und Reifegrad-Erkennung, Kunststoffherstellung und Recycling, Überwachung von Trocknungsprozessen, Erkennung der Materialzusammensetzung und Schichtdickenmessung, Schüttgutsortierung und Fremdkörperdetektion, uvm. Die Standfestigkeit dieser Systeme im 24/7-Betrieb haben die Entwickler des Instituts erfolgreich unter Beweis gestellt: In der Fertigungsstraße eines Entwicklungspartners laufen Produkte für B2B-Kunden vom Band. Hier überwacht der Millimeterwellen-Sensor zuverlässig die Produktspezifikationen.