Preis für Forschungsidee des Fraunhofer-Andwendungszentrums AMLS zur luftgestützten Landminendetektion in Kambodscha

Presseinformation /

Mit seiner Forschungsidee zur lufgestützten Detektion von Landminen wurden Prof.-Dr. Jens Bongartz und sein Team mit dem zweiten Platz beim Fraunhofer-Ideenwettbewerb ausgezeichnet.

Die giftigen Sprengstoffe verursachen eine Stoffwechselstörung in den Pflanzen, die durch die Hypersprektralkamera aus der Luft entdeckt werden kann.
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Die giftigen Sprengstoffe verursachen eine Stoffwechselstörung in den Pflanzen, die durch die Hypersprektralkamera aus der Luft entdeckt werden kann.
Fraunhofer-Präsident Prof. Reimund Neugebauer (rechts) überreicht Prof. Jens Bongartz vom ALMS des Fraunhofer FHR die Auszeichnung.
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Fraunhofer-Präsident Prof. Reimund Neugebauer (rechts) überreicht Prof. Jens Bongartz vom ALMS des Fraunhofer FHR die Auszeichnung.

Prof. Dr. Jens Bongartz, Leiter des Fraunhofer-Anwendungszentrums für multimodale und luftgestützte Sensorik (AMLS), belegte beim Ideenwettbewerb „Projekte für Menschen“ den zweiten Platz. Der Wettbewerb fand im Rahmen des fünften Fraunhofer-Symposiums »Netzwert« in München statt. Im Mittelpunkt standen Projektideen mit sozialem Bezug, bei denen technologische, wissenschaftliche und Management-Kompetenzen zur Verbessrung der Lebensqualität von Menschen genutzt werden. Professor Bongartz arbeitet gemeinsam mit seinem Forscherteam an einem kostengünstigen und schnellen Verfahren zur Detektion von Landminen in Kambodscha. Mit der Auszeichnung sind 25.000 Euro Fördergeld für das Projekt, sowie 3.000 Euro Preisgeld verbunden. Das Preisgeld wird Professor Bongartz an den Verein „Kleine Hilfsaktion“ spenden, der in Kambodscha humanitäre Projekte durchführt.

Das Projekt von Prof. Dr. Jens Bongartz ist eine Kooperation mit vor Ort in Kambodscha tätigen Hilfsorganisationen und Minenräum-Teams zum vereinfachten Aufspüren von Landminen. Dabei kommt eine multispektrale Sensorik zum Einsatz, die am AMLS entwickelt wurde. Sie kann unter einen Tragschrauber – auch Gyrokopter genannt – montiert werden und somit aus der Luft große Gebiete erfassen. Die entsprechenden Möglichkeiten zur Datenauswertung stehen ebenfalls am AMLS zur Verfügung.

Das Messprinzip nutzt Pflanzen als Bioindikatoren für im Boden befindliche Schadstoffe. Die teilweise mehr als 50 Jahre alten Landminen geben ihre Sprengstoffe im Laufe der Zeit in den umliegenden Boden ab und belasten diesen. Diese Schadstoffe werden von Pflanzen aufgenommen und in den Zellen eingelagert. Dadurch wird deren Stoffwechsel gestört, was wiederum zu einem veränderten Reflexionsverhalten des Sonnenlichtes führt. Dies ist für multispektrale Sensoren sichtbar. Man misst somit den Sekundäreffekt der Minen auf die Vegetation. Die bei den Befliegungen erhaltenen Informationen können den Räumungsteams in Form von georeferenzierten Karten übermittelt werden, um deren Arbeit zu unterstützen.

Jens Bongartz schildert die Problemlage wie folgt: „Landminen sind ein großes Problem in Kambodscha. Jährlich sterben mehrere hundert Menschen durch eine Mine oder Munitionsblindgänger aus dem Bürgerkrieg, viele hundert weitere werden schwer verletzt. Zudem machen die verlegten Minen weite Teile des Landes unzugänglich und behindern dadurch massiv dessen wirtschaftliche Entwicklung.“ Viele Menschen in Kambodscha leiden an Unterernährung, der Staat gehört zu den ärmsten der Welt. Diese Not treibt viele Menschen trotz der Gefahr dazu, verseuchte Landstriche für Ackerbau zu nutzen. Immer wieder kommt es zu Unfällen. Nach offiziellen Schätzungen wurden zwischen 1970 und 1998 vier bis sechs Millionen Minen in Kambodscha vergraben.

In Rahmen der ersten Projektphase wird ein Ultraleicht-Fluggerät (ein Tragschrauber oder vergleichbar) in Kambodscha inklusive ortskundigem Piloten gechartert und die Sensorik montiert. Die Auswertesoftware für die Bilddaten kann auf einer leistungsfähigen Workstation vor Ort betrieben werden und entsprechende Karten zur Weitergabe erzeugen. Für den späteren operativen Betrieb im Rahmen einer zweiten Projektphase könnten speziell vorbereitete Tragschrauber aus Deutschland nach Kambodscha verlegt werden. „Langfristig soll eine Art Infrastruktur zur Befliegung der betroffenen Gebiete  aufgebaut werden, die von Piloten und Personal vor Ort autark betrieben werden kann. Bei Bedarf können Datensätze zur weiterführenden Auswertung dann auch online nach Deutschland übertragen werden“, fasst Jens Bongartz die Projektziele zusammen.

Wenn die Räumung der Landminen in Kambodscha beschleunigt werden könnte, hätte dies direkt positive Auswirkungen auf die ökonomische Entwicklung des Landes. Eine sich autark versorgende Bevölkerung insbesondere in den ländlichen Bereichen und eine aufstrebende landwirtschaftliche Produktion könnten dem Land auf seinem Weg zu einer stärkeren Wirtschaftskraft helfen. Des Weiteren sind Landminen in vielen Ländern vor allem in Asien und Afrika ein großes Problem und ein Hindernis für eine positive wirtschaftliche Entwicklung nach Kriegszeiten. Die Ergebnisse und Erfahrungen aus Kambodscha könnten direkt auf andere Länder und Regionen übertragen werden und auch dort bei der Räumung von Landminen helfen.