Millimeterwellenradar hilft Hubschraubern im Schneegestöber sicher zu landen
Millimeterwellenradare durchdringen Schnee, Staub und Nebel bei gleichzeitig hoher räumlicher Auflösung. Damit können Hubschrauber zukünftig auch bei schlechten Wetterverhältnissen sicher landen. Die neue Technologie misst trotz Sichteinschränkungen zuverlässig den Boden- und Höhenabstand sowie die Driftgeschwindigkeit.
Kürzlich sind bei einer Übung der Bundespolizei am Berliner Olympiastadion zwei Hubschrauber im Schneegestöber zusammengestoßen. Auch wenn die Unfallursache noch nicht geklärt ist, habe die schlechte Sicht sehr wahrscheinlich zu der Kollision beigetragen, meinen Beobachter. Bei starkem Schneefall werden Hubschrauberlandungen zu einem riskanten Manöver. Der Rotorabwind wirbelt den weichen, lockeren Schnee auf, so dass sich eine Schneeglocke um den Hubschrauber bildet. Bei diesem »Whiteout«-Effekt verliert der Pilot den Bezugspunkt: Er sieht und spürt nicht mehr in welche Richtung sich der Hubschrauber bewegt und kann den Abstand zum Boden nicht mehr einschätzen.
Mit einer neuen Radartechnologie können solche schwierigen Landemanöver zukünftig sicher gelingen. Forscher der Fraunhofer-Institute für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR und für Angewandte Festkörperphysik IAF haben gemeinsam mit dem Industriepartner ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH einen Sensor entwickelt, der den Höhen- und Bodenabstand sowie die Driftgeschwindigkeit des Hubschraubers über Grund trotz Nebel, Staub oder Schnee präzise bestimmen kann. »Radarsysteme mit hohen Frequenzen ermöglichen eine größere Bandbreite und damit eine deutlich höhere Messgenauigkeit als bislang«, erklärt Prof. Dr. Nils Pohl, Abteilungsleiter am Fraunhofer FHR, »So kann selbst minimales Abdriften des Hubschraubers in einem Schneesturm gemessen werden«.
Präzise geometrische Auflösung – auch bei schlechter Sicht
Das Radarmodul arbeitet mit Millimeterwellen bei 94 GHz und einer Bandbreite von 6 GHz. Millimeterwellen durchdringen alle dielektrischen Stoffe, wie Schnee und Nebel, aber auch Kleidung, Kunststoffplatten, Papier und Holz. Daher können im W-Band, dem Frequenzbereich zwischen 75 und 110 GHz, kleine Objekte selbst bei schwierigen Sichtverhältnissen aus einer Distanz von bis zu drei Kilometern erkannt werden. Je höher die Frequenz und die Bandbreite sind, desto besser ist die räumliche Auflösung.
Nach den erfolgreich bestandenen Praxistests befindet sich die Technologie derzeit im Zulassungsverfahren für die Luftfahrt. Die besonderen physikalischen Eigenschaften der Millimeterwellen prädestinieren die Radartechnologie jedoch nicht nur als Landehilfe für Hubschrauber. Vielfältige Anwendungen sind möglich – von der Verkehrskontrolle über die Medizintechnik bis hin zur Logistik und Industriesensorik, wie etwa zur Überwachung von Containerhäfen oder von Produktionsprozessen.
Die Radartechnologie des Fraunhofer FHR wird vom 8. bis 12. April auf der Hannover Messe am Gemeinschaftsstand der Wissenschaftsregion Bonn in Halle 2, Stand D31 präsentiert.