Fraunhofer FHR-Newsletter 12/2024

Intelligente Haut für präzisere Kommunikation und Nahfeld-Abtastung in der Robotik

© Fraunhofer FHR/Alexander Balas
Schmalbandige Messung des Verlustwinkels eines Polymers
© Fraunhofer FHR / Alexander Balas
Breitbandiges Screening eines Polymers

In der Fertigungsindustrie, im professionellen Dienstleistungssektor und im Gesundheitswesen nimmt die Nachfrage nach spezifischen physischen Mensch-Roboter-Interaktionen kontinuierlich zu. Dies erfordert eine Verbesserung des Komforts sowie der Kommunikation zwischen Mensch und Maschine. Roboter müssen in der Lage sein, menschliche Handlungen vorherzusehen und deren Absichten zu erkennen. Um dies zu ermöglichen, stellen flexible Metamaterialien und flächige Metasurface-Antennen mit hochintegrierter Elektronik einen attraktiven Lösungsansatz dar, da diese eine präzise Erfassung der nahen Umgebung ermöglichen. Das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR entwickelt zusammen mit sechs Partnern im EU-Projekt FITNESS solche Oberflächen, die einen Roboter wie eine adaptive, intelligente Haut umgeben. Mit Metasurface-Antennen ausgestattet, sollen Roboter in der Lage sein, ihre Umgebung im Nahfeld gezielt abzutasten und im Fernfeld effizienter mit ihrer Basisstation zu kommunizieren.

In der industriellen Fertigung spielen Roboter eine immer größere Rolle. Daher hat sich die physische Interaktion zwischen Mensch und Roboter zu einer Schlüsseltechnologie entwickelt, die die Effizienz von Produktionsprozessen steigert.

Im Mittelpunkt aller Entwicklungen der Mensch-Maschine-Interaktion steht die Sicherheit der Arbeitskräfte. Das EU-Projekt FITNESS (Flexible IntelligenT NEarfield Sensing Skins) zielt darauf ab, die Kommunikation und Interaktion zwischen Mensch und Maschine durch intelligente Antennenlösungen zu optimieren. Diese basieren auf neuartigen, elektromagnetischen Meta-Materialoberflächen mit integrierter Elektronik. Die flexiblen und dehnbaren Metasurface-Antennen können Oberflächenwellen emittieren und sollen die nähere Umgebung deutlich besser erfassen als herkömmliche Antennen. Dies steigert sowohl die menschliche Sicherheit als auch die Leistungsfähigkeit der Roboter. An dem Projekt sind neben dem Fraunhofer FHR auch sechs weitere Partner aus Industrie und Forschung beteiligt: Centre National de la Recherche Scientifique CNRS, eV-Technologies, Technische Universität Hamburg, Université Catholique de Louvain, University of Zagreb Faculty of Electrical Engineering and Computing und L-up. Die belgische Universität UCLouvain koordiniert das Vorhaben, das von der Europäischen Union unter der Vertragsnummer 101098996 gefördert wird.

Die Metasurface-Antennen sind flächige, folienintegrierte Antennen, die sich der Kontur des Roboters anpassen. Wegen ihrer flachen Bauweise können sie gebogen und gedehnt werden und wirken wie eine Haut um den Roboter. Alternativ können sie je nach Anwendung auch nur am Roboterarm angebracht werden. Diese Antennen werden daher auch als „smart skins“ oder intelligente Haut bezeichnet. „Unsere zukünftige Antennenlösung soll sowohl die nahen Umgebungen abtasten als auch Bewegungen detektieren können und gleichzeitig eine funkbasierte Kommunikation mit der Basisstation in der Industriehalle ermöglichen“, erklärt Andrej Konforta, Gruppenleiter 3D-Druck HF-Systeme am Fraunhofer FHR. „Eine derartige Lösung existiert derzeit nicht auf dem Markt.“

Die innovative Antennenlösung soll das Beamforming – ein Verfahren zur Positionsbestimmung von Schallquellen in Wellenfeldern – ermöglichen, sodass der elektromagnetische Strahl jederzeit zur Basisstation ausgerichtet ist, was ein stärkeres und stabileres Signal gewährleistet und die Reichweite erhöht. Bisher unterstützen beispielsweise sogenannte Phased Arrays das Beamforming, wobei viele Antennen in Gruppen geschaltet werden und die Phase jedes Antennenelements variabel ist, was die Blickrichtung der Gruppenantenne beeinflusst. „Diese Technologie wird überwiegend im militärischen Bereich eingesetzt. In herkömmlichen Gruppenantennen sind die Antennenelemente und deren Elektronik eng beieinander angeordnet, was zu hohen Kosten, viel Abwärme und einer hohen Fehleranfälligkeit führt. Die in dem Projekt entwickelten Metasurface-Antennen hingegen können mit deutlich weniger Elektronik realisiert werden, ohne die Vorteile der herkömmlichen Bauweise zu verlieren. Mit diesem neuen Konzept lassen sich Kosten reduzieren und kompaktere Strukturen entwickeln. „Die FITNESS Meta-Materialoberflächen ermöglicht sehr kleine Geometrien mit hohem Designfreiraum für die abgestrahlten Felder und die bestmögliche Extraktion von Gestensignalen“, so der Forscher.

Typischerweise werden Antennen in starre Mikrowellensubstrate integriert. Es gibt jedoch auch Materialien, die dehnbar sind und somit hohe Flexibilität aufweisen. Diese flexiblen Substrate haben jedoch zu hohe Verluste und erreichen im Hochfrequenzbereich nicht die optimale Leistung, wie die Messtechnik des Fraunhofer FHR zeigt. Daher sind die herkömmlichen am Markt verfügbaren, dehnbaren Substrate nicht ideal für die Übertragung von Hochfrequenzsignalen. Auf Basis der Ergebnisse des Fraunhofer FHR entwickelt der Projektpartner Technische Universität Hamburg (TUHH) im Rahmen von FITNESS neue Substrate. Das Institut für Angewandte Polymerphysik (IAPP) synthetisiert dehnbare, potenziell hochfrequenztaugliche Materialien, indem es einen Mix aus Polymeren und polymeren Materialien mit keramischen Fremdpartikeln verwendet. Diese werden im Verlauf des Projekts vom Fraunhofer FHR getestet. Zudem wird ein vorhandener Messaufbau optimiert, um andere Frequenzbänder zu unterstützen, und die Software für den finalen Aufbau entwickelt. Parallel dazu untersuchen die Projektpartner, wie sich die Verformungen der dehnbaren Oberflächen auf die Eigenschaften im Nah- und Fernfeld auswirken. Langfristig sind selbstkalibrierende Metasurface-Antennen geplant, die ihre Form und Krümmung eigenständig erkennen, um einen optimalen Signalempfang zu garantieren und Kommunikationsprobleme zu vermeiden.

Neben der Robotik im Produktionsumfeld sehen die Projektpartner auch in der Medizintechnik und -robotik Anwendungsmöglichkeiten: Hier könnten Metasurface-Antennen als intelligente Haut dazu beitragen, dass Geräte wie Assistenzroboter Gesten besser erkennen und stärker mit Menschen interagieren. Auch in der Schutzausrüstung der Feuerwehr oder in Raumfahrtanzügen könnten diese Technologien Anwendung finden.

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